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Banker vs Lehrer Teil 2/2

Die Schülerin aus meiner Wirtschaftsklasse gab mir drei Ausdrucke Ihres Vaters mit – zur Erinnerung: Der Vater ist Filialleiter einer regionalen Bank (Teil 1 bitte hier lesen):

(1) Den Depotauszug der Schülerin – Ihr Vater hatte bereits in Kapitalmarktprodukte im Namen der Tochter investiert. Ich gratulierte der Schülerin und gab Ihr 20 Euro – versprochen ist versprochen. Bis dato habe ich noch nicht den Nachweis gesehen, ob das Geld im Investmentdepot meiner Schülerin gelandet ist. Der Nachweis wurde zu Hause vergessen….

(2) Einen „Werbeflyer“ genannt WAI = Wesentliche Anlegerinformationen mit dem Stand vom 15.11.2021 zu folgendem Produkt der Sparkassenfondsgesellschaft DEKA Investment GmbH: Deka-GlobalChampion Fonds (ISIN* DE000DK0ECU8). Darauf war handschriftlich vermerkt: Deka-GlobalChampion CF Fonds in den Jahren 2013 – 2020 = 95,7%

(3) Eine ebenfalls handschriftliche Information, dass der von mir in der Aufgabe an die Schülerinnen genannte Vangard FTSE All World ETF distributing** (ISIN IE00B3RBWM25) schlechter abgeschnitten hat als das Produkt der DEKA Investment GmbH:Vanguard FTSE All World ETF in den Jahren 2013 – 2020 = 89,9 %

Zur Erinnerung, ich hatte meinen Schülerinnen empfohlen:

– ein kostenfreies „Juniordepot“ und ein Verrechnungskonto (=Konto)

– Sparpläne ab 1 Euro Sparplanrate- eine gute Auswahl an ETF

– Sparplänen müssen gebührenfrei beim Kauf sein

Tja was soll ich sagen: „Banker schlägt Lehrer“.

Ich hatte es schwarz auf weiss: Das Produkt des Bankers lag bei einer Rendite von 95,7 % und das Produkt des Lehrers bei nur 89,9 % für die Jahre 2013 bis 2020.

Doch halt – Stop!, schauen wir uns diesen Vergleich doch einmal genauer an!

Wir lesen das Kleingedruckte und versuchen zu verstehen, warum ein Filialleiter einer Bank Äpfel mit Birnen vergleicht und warum die Birnen trotzdem die Äpfel schlagen, oder anders ausgedrückt: Wer das System kenn, sowie lesen und rechnen kann, ist klar im Vorteil. Denn um die echte Rendite zu Vergleichen müssen sämtliche Kosten der Produkte mit in die Berechnung einfliessen – über die gesamte Laufzeit selbstverständlich.

Zunächst schauen wir uns an welche Aktien in den beiden Produkten enthalten sind.

Vanguard FTSE All World ETF: ca. 3900 Aktien aus der gesamten Welt, Anteil USA ca. 60 %,  mit Emerging Markets, gewichtet nach Marktkapitalisierung, passiv gemanaged –> bildet also nur den zugrunde liegenden Index ab.

Deka-GlobalChampion CF Fonds: auf der Website der Deka ist  folgendes zu lesen (Stand 04.02.2022):

  • Der Fonds verfolgt die Strategie, mindestens 61% in Aktien von Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern zu investieren, die sich am besten für den globalen Wettbewerb aufgestellt haben: Global Champions.
  • Bei der Auswahl der Unternehmen wird auf marktführende Unternehmen mit Qualität, d.h. mit soliden Bilanzen und einem stabilen Geschäftsmodell, Wert gelegt.
  • Das Fondsmanagement sucht die Gewinner weltweit: sowohl in den entwickelten Staaten als auch in den immer wichtiger werdenden Schwellenländern.

Im Geschäftsbericht (Halbjahr 2021; Stand: 31.05.2021) lässt sich folgende Aufteilung zum investierten Vermögen finden: USA 58,9%, Kaimaninseln 7,0%, Indien 5,1%, Schweiz 4,6%, Großbritannien 3,5%, Deutschland 3,2%, Sonstige Länder 16,9%, Barreserve, Sonstiges 0,8%. Auf den Seiten 8-10 des Halbjahresberichtes lassen sich ca. 125 Unternehmen finden, in die dieser Fonds zum 31.05.2021 investiert war.

Der erste Vergleich (Äpfel und Birnen):

Deka Fonds (Apfel): Zunächst einmal ist der Fonds mit ca. 125 Aktien nicht sonderlich diversifiziert und kann demnach nur einen Teil der Weltwirtschaft abbilden, der Anleger muss sich darauf verlassen können, dass das aktive Fondsmanagement immer die richtigen Aktien der künftig erfolgreichen Unternehmen selektiert.

Vanguard ETF (Birne): geradezu plump kommt da unser ETF um die Ecke, der einfach in fast alle Unternehmen auf der Welt investiert (ca. 3900) und breit über alle Branchen und Länder sein Investment streut.

Fazit: Es ist besser in 3900 Unternehmen investiert zu sein, als in nur 125. Die Diversifikation ist deutlich größer und dadurch wäre eine Anlage im Vanguard ETF risikoärmer als im Deka Fonds. Wenn sich nur annähernd mit dem Vanguard ETF die gleiche Rendite erzielen lässt wie mit dem Deka Fonds, dann haben wir diese Rendite beim Vanguard ETF bei deutlich reduziertem Risiko erreicht. Eigentlich werden hier also Äpfel mit Birnen verglichen, aber lassen wir uns einfach mal drauf ein:

Der zweite Vergleich (Kosten über die Laufzeit)

Es wird spannend wenn wir einmal die Kosten in den Renditevergleich aufnehmen. Damit wir eine Vergleichsgröße haben gehen wir von einem Investement in Höhe von 10.000 Euro am 01.01.2013 einmal in den Deka Fonds und einmal in den Vanguard ETF aus.

Zur Erinnerung: der einfache Vergleich des Filialleiters „auf dem Papier“ war:

  • Deka-GlobalChampion CF Fonds in den Jahren 2013 – 2020 = 95,7%; aus 10.000 Euro werden also 19.570 Euro Ende 2020
  • Vanguard FTSE All World ETF in den Jahren 2013 – 2020 = 89,9 %; aus 10.000 Euro werden also 18.990 Euro Ende 2020

Vergleich unter Berücksichtigung des Kleingedruckten aus dem WAI und der Orderkosten eine Direktbank:

  • Deka-GlobalChampion CF Fonds in den Jahren 2013 – 2020 = 88,36 %; aus 10.000 Euro werden also 18.836,13 Euro Ende 2020. Erklärung: Im kleingedruckten Teil der WAI der DEKA ist der Begriff Ausgabeaufschlag zu finden. Dieser beträgt 3,75 %. Das bedeutet, dass von den 10.000 Euro Investmentkapital 3,75 % an die DEKA Investment GmbH geht und nur  96,25 %, also 9.625 Euro im Dekafonds investiert wird. Für die Renditeberechnung kann also nur 9.625 Euro mit 95,7 % verzinst werden. (Rechnung: 9.625 Euro x 95,7 / 100 = 9.211,13 Euro; 9.625 Euro + 9.211,13 Euro = 18.836,13 Euro). Aus unseren 10.000 Euro sind also mit den Jahren 18.836,13 Euro geworden. Das entspricht also den oben genannten 88,36 %. Es fallen keine Kaufgebühren an, da der Fonds direkt bei der Fondsgesellschaft erworben wird.
  • Vanguard FTSE All World ETF in den Jahren 2013 – 2020 = 88,57 %; aus 10.000 Euro werden also 18.857,26 Euro Ende 2020. Erklärung: Da die Onlinebank bei einem regulären Kauf eine Kaufgebühr berechnet, muss diese bei unserem Kauf über eine Onlinebank berücksichtigt werden (hier aus dem Preisverzeichnis der ING 69,90 Euro). Es gibt natürlich noch viel günstigere Onlinebanken zu finden. Das bedeutet, dass von unseren 10.000 Euro nur 9.930,10 Euro im ETF angelegt werden können. Es werden also nur 9.930,10 mit 89,90 % verzinst.(Rechnung: 9.930,10 Euro x 89,90 / 100 = 8.927,16 Euro; 9.930,10 Euro + 8.927,16 Euro = 18.857,26 Euro).

Fazit: Die Renditen sind mit 88,57 % beim ETF und mit 88,36 % beim Funds sind in etwa gleich auf. Wir erinnern uns: die Rendite von ewas mehr als 88 % wurde durch den ETF mit deutlich geringerem Risiko realisiert als mit dem Fonds. Kann man also doch Äpfel mit Birnen vergleichen? Wenn schon denn schon: Birne schlägt Apfel – aber nur im Nachkommabereich.

Vergleich mit Blick in das Preisverzeichnis der lokalen Bank (Stand Januar 2022)

Die lokale Bank verrechnet pro Jahr ein Verwahrentgeld mit 1,75 % vom Depotwert. In der vereinfachten Rechnung, die keine Kurssteigerungen berücksichtigt wären das für die 8 Jahre jeweils 1,75 % vom investierten Kapital zu Beginn des Jahres 2013. Wir haben in den Fonds aufgrund des Ausgabeaufschlages nur 9.625 Euro einbezahlt. Von der im zweiten Vergleich realisierten absoluten Rendite in Höhe von 18.836,13 Euro müssen wir also 8 x 9.625 Euro x 1,75 % abziehen. Dabei Rechnen wir noch zu Gunsten der lokalen Bank. Die Rendite wird also um 1.347,50 Euro gemindert (Rechnung: 8 x 9.625 Euro x 1,75 / 100) und beträgt somit nur 17.488,63 Euro. Im Bezug auf das iinvestierte Kapital in Höhe von 10.000 Euro ergibt dies eine Rendite von nur 74,89 %.

Im Vergleich schneidet unser ETF mit den 88,57 % deutlich besser ab! Das liegt daran, dass unsere Onlinebank keine Verwahrgebühren verlangt.

Es bleibt also dabei: Lege ein kostenfreies „Juniordepot“ und ein Verrechnungskonto (=Konto) bei einer Onlinebank an. Die Bank sollte Sparpläne ab 1 Euro Sparplanrate und eine gute Auswahl an kostengünstigen ETFs haben. Die Sparplänen müssen beim Kauf gebührenfrei sein. Meide lokale Banken und insbesondere die kostenlose Beratung in einer lokalen Bank. Vermeide Kosten bei der Geldanlage, diese schmälern immer die Rendite.

Fazit: Wer nicht lesen und rechnen kann bleibt arm – insbesondere das Kleingedruckte lesen und Prozentrechnen sollte ein Investor können!

Der Vater hat alles richtig gemacht für seine Tochter und vermutlich bekommt er als Angestellter der Bank Sonderkonditionen für seine Tochter, insbesondere bei der Verwahrung des Fonds. Damit ist er einer von wenigen Eltern die Geld für Ihre Kinder anlegen. Gratualtion wer solche Eltern hat!

*ISIN ist die Abkürzung für „International Security Identification Number“. Die ISIN dient der eindeutigen internationalen Identifikation von Wertpapieren und wird von der jeweiligen nationalen Behörde vergeben.

**distributing bedeutet, dass die Dividenden der im ETF enthaltenen Aktien an den Investor ausgeschüttet werden; beispielsweise passiert das beim Vanguard FTSE All World ETF 4 x im Jahr. Vom gleichen ETF gibt es auch eine thesauriernede Variante – d.h. die Dividenden werden wieder in die Aktien des ETFs investiert und nicht ausgeschüttet. Mehr dazu dann in einem gesonderten Beitrag.

Eine Antwort auf „Banker vs Lehrer Teil 2/2“

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